Aufmerksames und empfindungsvolles Spiel beim Jubiläumskonzert

von Ulrich Boller

Oberhöchstadt. Nur kurz, gut eine Minute vielleicht, dauerte die "Ouvertüre". Dafür spielte sie das Neue Orchester Kronberg (NOK) mit nobel sonorem Klang. Das Ensemble unter Karl-Christoph Neumanns gewohnt energiereichem Dirigat ließ der "Bergamasca", einen Pastoralsatz über ein italienisch-französisches Lied von Samuel Scheidt, ebenso viel Sorgfalt und Hingabe angedeihen wie den nachfolgenden, gewichtigeren Programmabschnitten. In Summe ein gelungenes Konzert zum "silbernen" Jubiläum des 1983 gegründeten Kammerorchesters im großen Saal des Altkönigstifts. Das aus engagierten Laien bestehende Orchester demonstrierte einmal mehr seinen hohen Qualitätsstandard und machte deutlich, warum man seine Auftritte sehr schätzt.

Ein dichtes, gleichwohl durchsichtiges Klangbild prägte Bachs drittes der Brandenburgischen Konzerte. Der zweite "Satz" des G-Dur-Werks BWV 1048 besteht aus zwei Akkorden. Hier eine Bearbeitung des Largo e-moll aus der Sonate für Violine und Cembalo BWV 1019 zu spielen, erwies sich als durchaus sinnvolle Ergänzung. Vor allem im raschen Finale klappte das Wechselspiel zwischen Solisten und Gruppe geschmeidig und bruchlos. Beziehungsvoll schloss sich Mozarts Streichquartett d-moll KV 421 an, gespielt als Sinfonie für Streichorchester. Dabei gefiel die warme, beseelte Tongebung ebenso wie die tänzerische Eleganz des Menuett-Satzes. Die abschließende Fuge schlug den Bogen zurück zu Johann Sebastian Bachs instrumentaler Polyphonie.

"Ohne Wind" hieß die flächige Klangstudie über Ruhe und Bewegungslosigkeit, die Selkies Riefling (Jahrgang 1983) dem Neuen Orchester widmete. Paradox: Das Phänomen der Stille in klingenden Tönen eingefangen. Doppelsinnig der Titel, denn im Englischen heißen die Blasinstrumente "Windinstruments". Sie sind in Rieflings gleichwohl farbenreichem Stück nicht vertreten. Hauptwerk des zweiten Teils und Höhepunkt der gesamten Programmfolge war zweifelsohne das Klavierkonzert a-moll, das der 14-jährige Mendelssohn Bartholdy 1823 schrieb. Die griechische Pianistin Lida Zournatzi spielte frisch und lebendig den Solopart des hörbar an klassischen Vorbildern orientierten Dreisätzers. Das Orchester rundete mit aufmerksamem und empfindungsvollem Spiel den positiven Gesamteindruck ab.

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